Quelle: https://kulturium.de/Kulturatlas/
Zu finden: Lange Str.13
Wenn Sie heute vor dem großen Haus in der Lange Straße 13 stehen, würden Sie kaum erahnen, dass dieses Gebäude einst ein lebendiger Mittelpunkt des Deinser Dorflebens war – ein traditionsreicher Gasthof, Treffpunkt, Tanzsaal, Laden und sogar Postfiliale.
Alles begann im Jahr 1817, als Wilhelm Hampe aus Groß-Lengede nach Deinsen kam, um Johanne Louise Weißenborn zu heiraten. Mit ihr übernahm er das Grundstück – damals noch mit der Hausnummer 17. Bereits ein Jahr später, 1818, eröffnete er seine Gastwirtschaft. Genau 100 Jahre später, im April 1918, feierte die Familie dieses Jubiläum mit einer Urkunde des Deutschen Gastwirts-Verbands – überreicht an Georg Hampe, einen Nachfahren des Gründers.

Neben dem Gasthof betrieb Louises Vater eine Tischlerei auf demselben Gelände. Diese ging später ebenfalls in die Hände der Familie Hampe über. In den folgenden Jahrzehnten wurde das Gebäude mehrfach erweitert und umgebaut. Besonders erwähnenswert: ein großer Tanzsaal im Obergeschoss, den man über eine Außentreppe vom Garten aus erreichte. Hier fanden Versammlungen und Feierlichkeiten statt – unter anderem die kaiserlichen Geburtstagsfeiern, wie sie die Leine-Deister-Zeitung 1897 schilderte.
Zwischen 1885 und 1899 richtete die Familie zusätzlich einen Gemischtwarenladen ein – erreichbar von der heutigen Straße „Hinter der Kirche“. Hier konnten die Deinser ihre Einkäufe erledigen, zur Post gehen und Neuigkeiten austauschen. Im Adressbuch jener Zeit ist Georg Hampe als „Hokenhändler“ verzeichnet.

Doch es war Georg Hampe junior, der mit einer echten Innovation Geschichte schrieb: 1933 eröffnete er den ersten ländlichen Selbstbedienungsladen der Bundesrepublik – noch bevor es solche Konzepte in vielen Städten gab. In einem Zeitungsartikel heißt es begeistert, dass „Hausfrauen Zeit gewinnen, Ruhe finden und selbst Verkäufer sind – ohne Druck oder Gedrängel.“ Ein modernes Einkaufserlebnis, das seiner Zeit weit voraus war.

1957 entschieden sich Georg und Helga Hampe, die Gastwirtschaft zu verpachten und begannen mit dem Obstbau – Erdbeeren, Kirschen, Äpfel und Johannisbeeren. In einer umgebauten Scheune entstand eine Mosterei. Der Laden und die Obstplantage prägten das Familiengeschäft bis 1985. Der Gasthofbetrieb hingegen endete 1971.
1995 übernahm Tochter Ute das Haus – heute wohnen drei Generationen der Familie Hampe darin. Die alte Fachwerkfassade zur Straße wurde inzwischen mit Schieferplatten verkleidet, doch vom Garten aus erkennt man sie noch: die sichtbaren Spuren des alten Deinser Gasthofs – ein Ort mit Herz, Geschichte und großer Bedeutung für das Dorfleben.